Gemeinsam stark für Kinder: Im Gespräch Autismus Kompetenzzentrum Leibnitz

Gemeinsam stark für Kinder: Im Gespräch Autismus Kompetenzzentrum Leibnitz

“Verschieden ist normal” 

Als Koordinatorin der Initiative “Gemeinsam stark für Kinder”, freue ich mich besonders, wenn ich persönlich mit den sozialen Akteuren/Akteurinnen ins Gespräch komme, um mehr über ihr Berufsfeld, die damit verbundenen Herausforderungen aber auch die häufigsten Themen und Fragestellungen erfahren zu können. Tagtäglich sind sie in ihrer Arbeit (Bildungsbereich, Sozial- und Gesundheitssektor u.v.m.) stets darum bemüht, Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen gut beraten und begleiten zu können – an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für den Einsatz und das Engagement! 

Ich darf Ihnen in diesem Beitrag, die 10 großen Irrtümer über Autisten und Autistinnen aufzeigen – zusammengefasst von Susanne Radl, Leiterin des im Januar dieses Jahres von der Lebenshilfe neu installierten Autismus Kompetenzzentrums Leibnitz”.

Autismus rückt immer mehr ins öffentliche Bewusstsein. Jeder kennt “einen”, jede hat schon einmal davon gehört. Dennoch ranken sich um das Thema Autismus noch viele Mythen und Irrtümer – die wir hier aufzeigen: 

1. Autismus ist eine Krankheit. 

Die Expertin klärt auf: Autismus ist keine Krankheit aber… auch Autisten/Autistinnen können krank werden. Autismus ist eine angeborene, unheilbare Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitungsstörung des Gehirns. Viele Autisten/Autistinnen sagen auch, Autismus ist eine andere Wesensart, einfach eine andere Art zu sein.

 2. Alle Autisten/Autistinnen sind gleich.

Die Expertin klärt auf: Autistische Menschen sind genauso unterschiedlich und individuell wie Nichtautisten und sehen auch so aus. Deshalb spricht man auch vom “Autismus- Spektrum”. Probleme in der sozialen Interaktion und Kommunikation gehören immer zur Diagnose Autismus, sind aber in ihrer Ausprägung sehr verschieden. Trotz Gemeinsamkeiten sind keine zwei Menschen im Autismus- Spektrum gleich. 

3. Autismus ist die Folge von emotionaler Vernachlässigung oder emotionalem Stress.

Die Expertin klärt auf: Immer noch hält sich die falsche These, dass Autismus durch mangelnde Liebe der Mütter verursacht wird. Dabei ist diese Theorie längst widerlegt. Die Ursachen von Autismus sind auch heute noch nicht vollständig erforscht. Bekannt ist, dass Gene im Zusammenspiel mit verschiedenen biologischen Faktoren eine Rolle spielen. Dass die genaue Ursache aber nach wie vor unklar ist, hat allen möglichen Theorien über die Ursachen von Autismus Tor und Tür geöffnet. 

4. Autismus kann nach der Kindheit verschwinden. 

Die Expertin klärt auf: Aus autistischen Kindern werden autistische Erwachsene. Obwohl durch frühe Förderung gute Fortschritte erzielt werden können, ist Autismus eine lebenslange Störung. Autismus ist nicht heilbar, trotz aller Heilversprechungen. Die Diagnose “frühkindlicher Autismus” bedeutet, dass die Auffälligkeiten in der frühen Kindheit auftreten müssen. 

5. Alle Autisten/Autistinnen sind Genies. 

Die Expertin klärt auf: Nur ein kleiner Teil der Betroffenen ist ein hochbegabtes Genie mit einer erstaunlichen Begabung. Wie bei Nichtautisten gibt es solche und solche: Jeder hat seine individuellen Begabungen und Schwächen. 

6. Alle autistischen Menschen sind geistig behindert. 

Die Expertin klärt auf: Viele Menschen mit Autismus haben eine normale oder überdurchschnittliche Intelligenz. Lange Zeit wurde angenommen, dass 75% der autistischen Menschen kognitiv beeinträchtigt sind, neue Studien belegen jedoch etwas anderes. Laut Laurent Mottron, Professor der Abteilung für Psychiatrie der Universität Montreal, sind lediglich 25% der autistischen Menschen kognitiv beeinträchtigt. 

7. Autistische Menschen wollen keine sozialen Kontakte und haben keine Gefühle. 

Die Expertin klärt auf: Viele autistische Menschen wollen gerne Kontakt zu anderen, wissen aber nicht, wie sie sozial angemessen Kontakt aufnehmen könnten. Andere autistische Menschen wollen keinen Kontakt zu anderen Menschen. Grundsätzlich sollen auch sie wie Nichtautisten auswählen können, wann sie mit wem Zeit verbringen und wann sie lieber alleine sind. Und natürlich haben autistische Menschen Gefühle! Nur zeigen sie sie manchmal eigentümlich oder unpassend. Viele Autisten/Autistinnen schließen Freundschaften, heiraten und führen ein gelungenes Familienleben. Gleichzeitig können sie große Schwierigkeiten haben, Gefühle zu verstehen oder die Emotionen anderer wahrzunehmen und “angemessen” darauf zu reagieren. 

8. Autismus entsteht durch Impfungen. 

Die Expertin klärt auf: Zahlreiche Studien belegen, dass Autismus nicht von Impfungen ausgelöst oder verursacht wird. Der hartnäckige Mythos basiert auf einem Artikel von 1998 im Fachmagazin “The Lancet” von Andrew Wakefield. Wakefield hatte behauptet, dass die Masern-Mumps-Röteln Impfung Autismus verursacht. Nachdem bekannt wurde, dass Wakefield für die Studie bezahlt wurde, hat das Fachmagazin die Studie zurückgezogen und die britische Ärztekammer entzog Wakefield 2010 seine Zulassung. 

9. Autisten/Autistinnen können nicht lügen. 

Die Expertin klärt auf: Autisten/Autistinnen können lügen wie alle anderen Menschen auch. Sie lügen aber oft aus anderen Gründen (als Nichtautisten) und es fällt ihnen schwerer. Da sie sehr rational sind, können Sie sich beispielsweise nicht vorstellen, dass man lügt, um jemanden nicht weh zu tun. Auch intrigantes Verhalten im Zusammenhang mit emotionalen Verstrickungen fällt aus, denn diese Lüge wäre sinnlos. 

10. “Sind wir nicht alle ein bisschen autistisch?” 

Die Expertin klärt auf: Nein sind wir nicht! Wir sind ja auch nicht alle “ein bisschen schwanger”. Vieles was Autismus ausmacht, ist nach außen nicht sichtbar und einzelne Eigenschaften, auch wenn noch so typisch autistisch, sind nur einzelne Mosaiksteinchen eines Gesamtbildes. Für die Diagnose Autismus müssen aber “alle Steinchen” vorhanden sein. In allen Lebensbereichen (soziale Interaktion, Kommunikation, Verhalten und Interessen…) müssen, mehr oder weniger, Auffälligkeiten und Besonderheiten vorliegen. Auch wenn die Aussage das Verbindende, das Gemeinsame zwischen Menschen unterstreichen soll, ist Vorsicht geboten. Die Gefahr ist groß, die Schwierigkeiten und Probleme autistischer Menschen zu verharmlosen und ihnen “Nicht-Wollen” zu unterstellen.

Die Initiative Gemeinsam stark für Kinder wird vom Land Steiermark, Fachabteilung 6, unterstützt.

              

Susanne Radl, Leiterin des Autismus Kompetenzzentrum Leibnitz

Kontakt Susanne Radl:

Tel.: 0660/90 31 762

Nähere Informationen zum Autismus Kompetenzzentrum Leibnitz erhalten Sie hier.

Zuständige Abteilung in der Stadtgemeinde Leibnitz

Stabstelle Stadtentwicklung & Projektmanagement

DP Ing. Astrid Holler (Leitung), Tanja Schenner MA (Initiative Gemeinsam stark für Kinder)